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Arbeitsunfähigkeitszeugnis

Das Arbeitsunfähigkeitszeugnis, welches die Ärztin, der Arzt einem Patienten ausstellt, hat Urkundencharakter. Fälschungen oder bewusst falsche Angaben stellen strafrechtliche Tatbestände dar. Arbeitsunfähigkeitszeugnisse bestätigen einer Patientin, einem Patienten zuhanden des jeweiligen Arbeitgebers, dass sie/er ab einem bestimmte Zeitpunkt die im Arbeitsvertrag vereinbarte Leistung nicht oder nur teilweise erbringen kann. Hat eine Patientin, ein Patient verschiedene Arbeitgeber, benötigt sie/er für jeden dieser Arbeitgeber ein separates Zeugnis.

Damit ist klar, dass ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis nicht nur das Verhältnis Arzt/Patient betrifft, sondern auch jenes zwischen der Patientin/dem Patienten und ihrem/seinem Arbeitgeber.

An korrekt erstellten Arbeitsunfähigkeitszeugnissen sind aber nicht nur PatientInnen in ihrer Eigenschaft als Arbeitnehmende und ihre Arbeitgeber interessiert, sondern ebenso Sozial- und Privatversicherungen, die im Falle einer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit Leistungen erbringen müssen. In erster Linie sind dies Unfallversicherungen und Taggeldversicherungen, die der Arbeitgeber für seine Mitarbeitenden abgeschlossen hat. Bei länger dauernder, eventuell bleibender Arbeitsunfähigkeit kommen unter Umständen Pensionskassen und Invalidenversicherung hinzu.

Auch die Krankenversicherungen können bisweilen auf Arbeitsunfähigkeitszeugnisse zurückgreifen, um ihre Leistungspflicht zu überprüfen. Damit ist klar, dass Arbeitsunfähigkeitszeugnisse das Resultat einer möglichst objektiven Beurteilung des Krankheits- oder Unfallgeschehen sein müssen, wenn Misstrauen und Konflikte zwischen den Partnern Arzt/Patient/Arbeitgeber/Versicherer vermieden werden sollen.

Patienten, die Druck auf einen Arzt ausüben, um zu einem Arbeitsunfähigkeitszeugnis zu kommen, das ihren persönlichen Vorstellungen entspricht, erweisen sich selbst einen schlechten Dienst, weil sie damit nicht nur das Vertrauensverhältnis zu ihrem Arzt aufs Spiel setzen, sondern auch riskieren, dass das Vertrauensverhältnis zwischen ihnen und ihrem Arbeitgeber Schaden nimmt.

Um klare Verhältnisse zu schaffen und allen Beteiligten Zugang zu einer korrekten und vollständigen Dokumentation einer Arbeitsunfähigkeit beziehungsweise einer eingeschränkten Arbeitsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen zu ermöglichen, hat Swiss Insurance Medicine SIM schon vor einigen Jahren einen Formularsatz entwickelt, der in der Ostschweiz bereits gut eingeführt ist und dessen Gebrauch von einer Arbeitsgruppe der kantonalen Ärztegesellschaften und der Arbeitgeberverbände der Nordwestschweiz (AG, BL, BS und SO) empfohlen wird.

Von den Arbeitgebern begrüsst, von den Arbeitnehmerorganisationen primär misstrauisch betrachtet, dann stillschweigend akzeptiert weil auch im Sinn der Arbeitnehmenden, hat sich der Formularsatz bei der Ärzteschaft noch nicht überall durchsetzen können. Kein Wunder angesichts der zunehmenden Belastung auch der Ärzte mit administrativen Aufgaben.

Im Folgenden werden die Formulare und ihr Verwendungszweck kurz vorgestellt, unten stehend finden sich die Formulare selbst in Form beschreibbarer PDFs.

  • Das einfache Arbeitsunfähigkeitszeugnis bestätigt dem Arbeitgeber, in welchem Grad der Arbeitnehmer arbeitsfähig ist, und zwar in Bezug auf die erforderliche Leistung und in Bezug auf die Präsenz am Arbeitsplatz.
    • Diese Arbeitsfähigkeit beträgt beispielsweise im Fall einer akuten Krankheit mit Bettlägrigkeit 0% für die erforderliche Leistung und die Präsenz.
    • Während einer Rekonvaleszenz – also einer Erholungsphase nach einer schweren Krankheit - kann eventuel zwar die volle Leistung von 100%, aber wegen starker Ermüdbarkeit nur während 50% der üblichen Präsenzzeit am Arbeitsplatz erbracht werden.
    • In einem dritten Fall - z.B. bei Gehbehinderung und einer mehrheitlich, aber nicht ausschliesslich sitzenden Tätigkeit – ist eine Präsenz von 100% zumutbar, die Leistung hingegen mehr oder weniger stark, vielleicht sogar 50% eingeschränkt.

Im einfachen Zeugnis hält die Ärztin / der Arzt nicht nur fest, wie lange die Arbeitsunfähigkeit oder Teilarbeitsfähigkeit voraussichtlich dauern wird, sondern auch wann sie/er eine Neubeurteilung des Gesundheitszustandes vornehmen will.

  • Die Arbeitsplatzbeschreibung benötigt der Arzt, wenn er sich aus der Schilderung des Arbeitsplatzes durch den Patienten kein klares Bild darüber machen kann, wie die Arbeitsfähigkeit mittelfristig bei längerer krankheitsbedingter Abwesenheit zu beurteilen ist. Dieses Formular kann entweder vom Arbeitgeber dem Arzt zugestellt werden oder aber der Arzt übergibt es dem Patienten mit der Aufforderung um Beantwortung der darin enthaltenen, einfachen Fragen.
  • Das detaillierte Arbeitsunfähigkeitszeugnis basiert auf der Arbeitsplatzbeschreibung und gestattet dem Arbeitgeber, seine Leistungs- und Präsenzanforderungen an den Arbeitnehmer entsprechend anzupassen. Die Arbeitgeber verpflichten sich, ein solch detailliertes Zeugnis mit CHF 60.-- zu honorieren.

Die Verwendung dieses Sets von Formularen ist geeignet, Missverständnissen in der trilateralen Beziehung zwischen Patient als Arbeitnehmer, Arzt und Arbeitgeber vorzubeugen beziehungsweise diese auszuräumen. Im Konfliktfall oder im Fall längerdauernder Arbeitsunfähigkeit tragen sie viel zur Transparenz bei und helfen Entscheide des Arztes sowie des Arbeitgebers nachzuvollziehen. Sie schaffen sowohl dem Patienten in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer wie dem Arbeitgeber Rechtssicherheit und sind geeignet, den Papierkrieg in der Arztpraxis zu vereinfachen, indem sie bereits heute in vielen Praxis- und Klinik-Informationssystemen integriert sind. Es ist zu hoffen, dass die Bemühungen, die Formularsätze zwischen den verschiedenen Versicherungssparten KVG, UVG und VVG zu vereinheitlichen, bald in einer schweizweiten Standardisierung resultieren wird.

 

Dokumente:

 

Im Leitfaden der FMH und der SAMW "Rechtliche Grundlagen im medizinischen Alltag" ab Seite 145 finden Sie ebenfalls Informationen bezüglich Arbeitsunfähigkeit / Ferienunfähigkeit  (Link).